In diesem Abschnitt wird die Auswertung der durch Interviews oder Gruppendiskussionen gewonnen Daten behandelt. Es werden zwei wesentliche Auswertungsansätze – die Grounded Theory und die Qualitative Inhaltsanalyse – vorgestellt. Abschließend werden beide Ansätze zu einem anwendungsorientierten Ansatz zusammengeführt. Im Folgenden finden Sie das entsprechende Video-Tutorial:
(1) Grounded Theory Method
- Grundansatz und Zielstellung der GTM
- Die Grounded Theory ist keine „Bedienungsanleitung“, sondern stellt ein „conceptual work“ dar
- Entwicklung von Theorien (Ergebnisse sollen über Klassifikation und Deskription hinausgehen
- Grundstrategie ist ein ständiger Vergleichsprozess (constant comparison method)
- Kodier-Prozess nach Strauss (1991) sowie Strauss und Corbin (1996)
- Offenes Kodieren
- Zuweisung von Codes (Bezeichnungen) zu Interviewpassagen (oder anderen Daten)
- Zusammenfassung der Codes zu Kategorien
- Festlegen der theoretisch relevanten Merkmalsausprägungen der Kategorien
- Axiales Kodieren
- Entwicklung eines kausalen Modells durch Herausarbeiten der Zusammenhänge zwischen den Kategorien
- Selektives Kodieren
- Ausarbeitung und Validierung der Ergebnisse des axialen Kodierens, indem diese unter eine Kernkategorie subsumiert werden
- Offenes Kodieren
(2) Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
- Die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ist ein systematisches und regelbasiertes Verfahren zur Erfassung von Textbedeutungen.
- Kern der Qualitativen Inhaltsanalyse ist die Bildung eines Kategoriensystems, bei dem Kategorien (Textbedeutungen) definiert und Textstellen zugeordnet werden. Dabei gibt es zwei Vorgehensweise der Kategorienbildung:
- Bei der deduktiven Kategorienbildung werden aus der Theorie Kategorien gebildet, die dann Textstellen zugeordnet werden.
- Bei der induktiven Kategorienbildung werden erst während des Analyseprozesses aus Textstellen Kategorien gebildet.
- Eine Kategoriendefinition besteht zumeist aus: Benennung, Explikation, Beispiel und ggf. Abgrenzung.
- Kategoriensysteme können deduktiv, induktiv oder deduktiv-induktiv gebildet werden.
Im Folgenden ist das vereinfachte Ablaufmodell der Kategorisierung im Rahmen der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring graphisch dargestellt:
Die Ansätze der Grounded Theory und der qualitativen Inhaltsanalyse sind nicht als fixe Regelwerke im Sinne einer „strikten Gebrauchsanleitung“ zu verstehen, sondern eher als Forschungsansätze. Vor diesem Hintergrund wird folgendes Vorgehen bei der Analyse und Interpretation qualitativer Daten empfohlen:
(1) Durchführung der qualitativen Interviews
- Durchführung und Aufzeichnung der Interviews
- Transkription der Audio-Aufzeichnungen
(2) Kategorienbildung/Codierung i.e.S.
- Definition der Analyseeinheiten (i.d.R. Einzelaussagen; Satz oder Satzteil)
- Zuordnung von Kategorien (induktiv aus Textmaterial und/oder deduktiv aus Theorie)
- Entwicklung eines (hierarchischen) Kategorien-System
- Regelmäßige Überprüfung der Kategorien und des Kategorien-Systems
(3) Interpretation der gebildeten Kategorien
- Analyse der Kategorien im dynamischen und statischen Kontext
- Entwicklung eines theoretischen Modells auf der Basis der Kategorien (des Kategoriensystems)
Abschließend seien einige Möglichkeiten für „technische“ Umsetzung des Codierungs-/Kategorisierungsprozesses genannt: Paper & Pencil, Word & Excel, MAXQDA oder andere Software sowie RQDA.
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